Montag d. 9 Januar 26.

Mein lieber geliebter Heinrich, wie sehr wir uns wieder über Dein
letztes Schreiben gefreut darf ich Dir wohl nicht erst versichern,
wir erhielten es vergangen Montag Abends, ich hatte die Ehre
es zuerst vorzulesen, alsdann las es Auguste gleich drauf wieder
1[l]aut vor und als der Vater nach Hause kam, hatte ich die Ehre
[e]s nochmals vorzulesen, wie sehr ich über Deine Complimente,
[w]elche Du mir schenktest, schmunzelte, wirst Du Dir denken denken,
[d]och trotz dem habe ich das bittere Deiner Beleidigungen nicht
[m]inder hart gefühlst; kennst Du mich und meinen Lebenswandel
[a]lso von der Art; hab ich je mich so vergangen, daß Du, mein
Bruder, Dir eine solche Äußerung gegen mich erlauben darfst?
[P]fui, pfui, das Sprichwort sagt: “ein Jeder schließt von sich auf
[a]ndere;” doch ich will es diesmal nicht g[l]auben, will das Sprichwort
[L]ügen strafen; Deine Beschuldigung muß mich um so mehr wundern,
[da] Du das Edict wohl kennst; in welchen ich auf jede Ehe Ver=
[z]icht geleistet; die Männer sind Tyrannen, und ich bin
[k]einesZwWeges aufgelegt mich einem solchen zu unterwerfen,
[ich] bin und will frei sei, und wäre ich in Ketten geboren,
[n]ie werde ich mich von einem solchen Tyrannen fesseln
[la]ssen, sondern ich werde es vorziehen, mein trauter Bruder,
[zu] Dir zu ziehn, werde Deine Wirthschaft führen, Deiner und
[D]einer Frau Gemahlin Kleider flicken; bleibt mir alsdan noch
[Ze]it übrig so werde ich nicht ermangeln Deine Kleinen im
[Sc]hlaf zu lullen und zu wiegen!

                        Den wer würde sonst die Kleinen lehren,
                        Lanzen brechen und die Eltern ehren,
                        Wenn es Tante Jullern nicht thut???

Notes:

1 Some words are partly obscured in the left margin from this point on the page.