d. 21 Dec. 20
                                                                          
Bester Onkel,1
             

Da ich mich jetzt der Ferien wegen in Breslau aufhalte, so benutze ich
diese Zeit um Dir einige Zeilen zu schreiben. Ich hoffe Du wirst es mir nicht
als Mangel an Liebe zu Dir und den Deinigen anrechnen, daß ich verfehlt
habe Dich schon vor einiger Zeit in einem Briefe wegen Deines schmerzlichen
Verlustes wenn auch nicht zu trösten, doch Dir etwas Tröstendes zu sagen,
doch ich glaubte, daß man den, welcher so viel wie Du verlohren hat, anfangs
seinen Schmerzen allein überlassen müsste, und daß man ihn später, wenn er
schon ruhiger geworden ist nur dadurch trösten könne, daß man ihm zu
bedenken giebt, daß der so herzlich Geliebte jetzt ein besseres Schicksal als
auf Erden haben und daß Gott der Allgütige dies Unglück über ihn verhängt
habe.-
Da ich guter Onkel glaube, daß Du etwas Antheil an mich nimmst, so will
ich Dir in etlichen Worten schreiben was ich jetzt im Lateinischen und Griechischen
lese. In ersterer Sprache den Virgil, den Cicero, in welchem wir jetzt grade
de senectute lesen, auch den Caesar, und zwar de bello civili, diesen je=
doch nur cursorisch. Im Griechischen von Xenophon die Anabasis2 und
jetzt werden wir die Iliade anfangen. Nun wollte ich Dich noch bitten

Notes:

1 This letter was probably sent together with HS/C/86. The appearance is very neat, indicating that Heinrich Simon first produced a draft and took great care with the presentation.

2 The Greek word “Anabasis” (Ἀνάβασις) means literally ‘expedition’. Xenopon’s work describes the march of an army of Greek mercenaries.